Hier erfährst du, wann und wie du dein Baby an Lebensmittel heranführen solltest, die Allergien auslösen können – und was zu tun ist, wenn dein Kind darauf allergisch reagiert.
Wenn es dir so vorkommt, als ob jedes zweite Kleinkind, das du kennst, gegen irgendetwas allergisch ist, gibt es dafür einen triftigen Grund. Auch wenn die Ursache noch nicht geklärt ist, sind sich Forscher/innen in einem Punkt sicher: Lebensmittelallergien bei Kindern nehmen zu.
Da Allergien in der Regel familiär gehäuft auftreten, kann es sein, dass dein Baby oder Kleinkind ebenfalls ein erhöhtes Allergierisiko hat, wenn du oder dein Partner – oder ihr beide – gegen etwas allergisch sind (z. B. gegen Pollen, Schimmel oder Haustiere).
Ist es möglich, die Wahrscheinlichkeit einer Nahrungsmittelallergie bei deinem Kind zu verringern? Wie kannst du feststellen, ob dein Baby oder Kleinkind allergisch ist? Und was kannst du tun, um eine allergische Reaktion zu behandeln? Lies weiter, um Antworten auf diese und andere Fragen zu Lebensmittelallergien bei Babys zu erhalten.
Was verursacht Lebensmittelallergien bei Babys?
Lebensmittelallergien bei Babys entstehen, wenn das Immunsystem des Körpers ein Lebensmittel als potenzielle Bedrohung ansieht. Diese übermäßige Immunreaktion verursacht die schlimme allergische Reaktion deines Babys, die von leicht bis schwerreichen kann.
Wenn dein Kleines Haut-, Magen- oder Atemprobleme hat, könnte eine Lebensmittelallergie der Grund dafür sein. Etwa 4 bis 6 Prozent der Kinder in Deutschland haben eine Lebensmittelallergie und sind davon betroffen. Das ergab eine aktuelle Studie des deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB).
Was sind die Symptome von Lebensmittelallergien bei Babys und Kleinkindern?
Glücklicherweise oder unglücklicherweise, je nachdem, wie man es betrachtet, sind die Symptome von Lebensmittelallergien bei Babys, Kleinkindern und anderen Kindern selten subtil und treten manchmal schon wenige Minuten nach dem Essen auf (normalerweise treten sie jedoch innerhalb der ersten 30 bis 120 Minuten oder ein bis zwei Stunden nach dem Verzehr des betreffenden Lebensmittels auf – in seltenen Fällen auch vier bis sechs Stunden oder länger). Dazu gehören:
- Nesselsucht (rote Flecken, die wie Mückenstiche aussehen)
- Juckende Hautausschläge (Ekzeme)
- Juckende, tränende oder geschwollene Augen
- Anschwellen der Haut
- Angeschwollene Lippen und/oder Zunge
- Niesen
- Keuchen
- Enge in der Kehle
- Schwierigkeiten beim Schlucken
- Übelkeit
- Erbrechen
- Magenschmerzen
- Durchfall
- Atemprobleme, Benommenheit, Bewusstseinsverlust/Ohnmacht. Diese Symptome treten nur in den schwersten Fällen auf und sind zum Glück selten; wenn du sie bemerkst, rufe sofort den Notarzt.
Hoch allergene Lebensmittel für Babys
Zwar kann jedes Lebensmittel bei Babys, Kleinkindern und anderen Kindern eine allergische Reaktion auslösen, aber bei bestimmten Lebensmitteln ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Symptome hervorrufen, sehr viel höher. Diese neun Lebensmittel sind für etwa 90 Prozent der Lebensmittelallergien verantwortlich:
- Milch
- Eier
- Erdnüsse
- Baumnüsse (einschließlich Mandeln, Paranüsse, Cashews, Kastanien, Filberts, Haselnüsse, Hickorynüsse, Pekannüsse, Pistazien und Walnüsse)
- Soja
- Weizen
- Fisch
- Schalentiere
- Sesam
Zu den häufigsten hoch allergischen Lebensmitteln im ersten Lebensjahr eines Babys gehören Kuhmilch, Erdnuss und Ei. Bestimmte Lebensmittel, insbesondere Erdnüsse (die eigentlich Hülsenfrüchte sind), Baumnüsse und Meeresfrüchte, sind die häufigsten Auslöser für schwere allergische Reaktionen.
Etwa 30 Prozent der Kinder, die eine Erdnussallergie haben, sind auch gegen Baumnüsse allergisch, also sprich mit deinem Kinderarzt, bevor du deinem Baby ein Sandwich mit Mandelbutter zum Mittagessen gibst.
Einführung von Nahrungsmittelallergenen bei deinem Baby
Obwohl es eine Zeit lang üblich war, Kindern Milchprodukte erst im Alter von 1 Jahr, Eier erst im Alter von 2 Jahren und Meeresfrüchte und Nüsse erst im Alter von 1 bis 3 Jahren zu geben, gibt es keinen Grund zu warten.
Wenn dein Baby kein schweres Ekzem oder andere Lebensmittelallergien hat (und daher nicht als erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Lebensmittelallergie gilt), kann es erdnusshaltige Produkte und andere hochallergene Lebensmittel frei essen, nachdem es die Beikostreifezeichen erfüllt, bereits einige feste Lebensmittel eingeführt und ohne Anzeichen einer Allergie vertragen hat.
Wenn es an der Zeit ist, dein Baby an feste Nahrung heranzuführen, solltest du sicherstellen, dass es zuerst andere, weniger allergene feste Nahrungsmittel (wie Obst oder Gemüse) probiert und vertragen hat.
Jedes Mal, wenn dein Kind eine neue Nahrung mit nur einer Zutat probiert, warte drei bis fünf Tage, bevor du zu einer anderen Nahrung übergehst, und achte auf mögliche allergische Reaktionen wie Durchfall, Hautausschlag oder Erbrechen. Wenn alles gut geht, kannst du die allergieauslösenden Lebensmittel nach und nach in den Speiseplan deines Babys aufnehmen.
Führe neue Lebensmittel immer zu Hause und nicht in der Kita oder im Restaurant ein und beobachte dein Baby oder Kleinkind in den ersten ein bis zwei Stunden nach der Mahlzeit genau auf allergische Reaktionen (was eine Herausforderung sein kann, da dies mit dem Mittagsschlaf oder der Schlafenszeit zusammenfallen kann).
Wenn es sich wie ein normales, quirliges, liebenswertes Wesen verhält, ist es unbedenklich. Wenn du Symptome einer Nahrungsmittelallergie feststellst, solltest du sofort deinen Kinderarzt anrufen.
Achte darauf, dass die allergieauslösenden Lebensmittel in alters- und entwicklungsgerechten, sicheren Formen und Portionsgrößen gegeben werden, wie bei allen anderen Nahrungsmitteln für Kleinkinder. Wenn du etwa Erdnüsse einführst, solltest du Erdnussbutter oder Erdnussbällchen als Snack anbieten und nicht ganze Erdnüsse, an denen dein Kind ersticken könnte.
Eine Möglichkeit, dein Baby mit Erdnussbutter zu füttern, ist, eine kleine Menge zu verdünnen und sie dann in Joghurt oder Müsli zu mischen. Die BMG rät, Kindern vor dem Alter von 4 Jahren keine ganzen Erdnüsse zu geben.
Eine schwere allergische Reaktion (Anaphylaxie genannt) auf Lebensmittel ist ein lebensbedrohlicher Notfall – und kann für alle Beteiligten sehr beängstigend sein. Sofortige ärztliche Hilfe ist wichtig, also rufe den Notruf an, wenn die Symptome deines Babys Atemnot oder Ohnmacht sind.
Wie wird eine Lebensmittelallergie bei Säuglingen und Kleinkindern diagnostiziert?
Wenn dein Baby oder Kleinkind auf ein bestimmtes Lebensmittel allergisch zu reagieren scheint, sprich mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin deines Kindes.
Wenn dein Arzt eine Nahrungsmittelallergie vermutet, wird er wahrscheinlich empfehlen, mit einem Kinderallergologen zu sprechen. Dieser kann einen Bluttest (der auf Allergie-Antikörper untersucht) oder einen Haut-Prick-Test (bei dem eine kleine Menge des Allergens in die Haut geritzt und auf eine Reaktion reagiert wird) vorschlagen, um die Diagnose zu bestätigen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Nahrungsmittelallergie und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit bei Babys?
Woran erkennst du den Unterschied zwischen einer Nahrungsmittelallergie und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit bei deinem Baby oder Kleinkind? Bei einer Unverträglichkeit kann es darauf ankommen, wie viel dein Baby isst oder trinkt. Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit kann dein Kind Blähungen und Bauchschmerzen haben, nachdem es eine ganze Tasse Milch getrunken hat (nach 12 Monaten). Bei einer Nahrungsmittelallergie hingegen kann schon die Aufnahme einer kleinen Menge eine Reaktion auslösen, die viele Teile des Körpers betrifft.
Und während Kinder mit einer Milchunverträglichkeit andere Milchprodukte wie Joghurt, Käse oder Eiscreme problemlos essen können (vor allem, wenn sie laktosefrei sind), können Kinder mit einer Kuhmilchallergie überhaupt keine Milchprodukte essen, ohne eine Reaktion zu zeigen, und sie können auch gegen Ziegen- oder Schafsmilch allergisch sein.
Eine Allergie ist eine fehlgeleitete Immunreaktion. Sie tritt auf, wenn das Immunsystem eine Substanz (z. B. ein Lebensmittel) angreift, weil es diese fälschlicherweise für einen Eindringling hält. Um den Körper vor dem angreifenden Lebensmittel zu schützen, produziert das Immunsystem Histamin (eine entzündungsfördernde Substanz), das Symptome wie Juckreiz und Schwellungen verursacht.
Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hingegen hat nichts mit dem Immunsystem zu tun, sondern mit dem Verdauungssystem. Sie tritt auf, wenn dem Körper ein oder mehrere Verdauungsenzyme fehlen, die für den Abbau eines Inhaltsstoffs in einem bestimmten Lebensmittel benötigt werden. Das führt zu Magenverstimmungen wie Blähungen und Völlegefühl.
Das Tückische daran ist, dass Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten oft einige der gleichen Symptome hervorrufen. Auch hier gilt: Wenn du dir nicht sicher bist, ob dein Kind allergisch ist, kann ein Kinderallergologe mit Blut- oder Hauttests eine Diagnose stellen.
Können Babys aus Lebensmittelallergien herauswachsen?
Wird mein Baby oder Kleinkind immer gegen bestimmte Lebensmittel allergisch sein? Vielleicht nicht. Die meisten Babys und Kleinkinder mit Milch-, Eier-, Weizen- und Sojaallergien entwickeln sich bis zum Alter von 5 Jahren weiter.
Und überraschenderweise entwachsen auch etwa 20 Prozent der Kinder mit Erdnussallergien, von denen man früher dachte, sie seien lebenslang. Schalentierallergien bleiben dagegen größtenteils ein Leben lang bestehen.
Experimentiere nie auf eigene Faust, um festzustellen, ob dein Kind nicht mehr allergisch ist: Dein Kinderarzt bzw. deine Kinderärztin oder ein Allergologe bzw. eine Allergologin kann einen überwachten Fütterungstest durchführen, um eine Diagnose zu stellen.
Wie behandelt man eine allergische Reaktion bei Säuglingen und Kleinkindern?
Egal, wie sehr du dich bemühst, es kann praktisch unmöglich sein, alles zu kontrollieren, was in den Mund deines Babys oder Kleinkindes gelangt. Wenn dein Kind eine Lebensmittelallergie hat, solltest du deshalb mit deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin über mögliche Abhilfemaßnahmen sprechen.
Möglicherweise empfiehlt er oder sie, Antihistaminika für Kinder (wie Benadryl) bereitzuhalten, obwohl dieses Medikament nicht für Kinder unter 2 Jahren geeignet ist und nur mit Genehmigung des Arztes. Gib deinem Kind niemals ein Medikament, ohne dich vorher mit dem Arzt oder der Ärztin deines Kindes abzusprechen.
Wenn dein Kind zu schweren Reaktionen neigt, wird dir dein Kinderarzt ein Rezept für eine Fertigspritze mit Epinephrin ausstellen (ein Hormon, das die Anaphylaxie umkehrt, indem es die Blutgefäße verengt, um den Blutdruck zu erhöhen, und die Atemwege öffnet, um die Atmung zu erleichtern).
Sorge dafür, dass du und alle anderen Bezugspersonen deines Babys oder Kleinkindes immer wissen, wo der Injektor ist und wie man ihn benutzt. Und wenn du ihn doch einmal benutzen musst, bring dein Kind sofort zur Nachuntersuchung in die Notaufnahme, denn die Allergiesymptome können zurückkehren.
Wird mein Baby Allergiespritzen brauchen?
Hier ist die gute Nachricht: Nahrungsmittelallergien werden nicht mit Allergiespritzen bzw. einer Hyposensibilisierung durch Spritzen behandelt. Diese werden nur bei Umwelt- oder saisonalen Allergien bei Kindern ab 5 Jahren verabreicht.
Die nicht ganz so gute Nachricht: Die einzige Möglichkeit, Lebensmittelallergien zu “behandeln”, besteht darin, die Lebensmittel zu meiden. Das bedeutet, dass du ein Profi darin werden musst, sicherzustellen, dass dein Kind Lebensmittel meidet, auf die es allergisch reagiert, sowohl zu Hause als auch beim Essengehen.
Tipps für die Sicherheit eines Babys oder Kleinkindes mit Lebensmittelallergien
Es ist wichtig, dass alle Bezugspersonen deines Kindes über seine Allergien Bescheid wissen und wissen, woran man erkennt, ob es allergisch reagiert und was zu tun ist, wenn es mit einem Lebensmittel in Berührung kommt, gegen das es allergisch ist.
Halte immer sichere Lebensmittel bereit (vor allem, wenn du unterwegs bist) und werde zum Experten im Lesen von Lebensmitteletiketten (Milch, Eier und andere allergene Lebensmittel werden oft unter anderen Namen aufgeführt).
Ein/e Ernährungsberater/in kann dir helfen, diese Fragen zu klären und Mahlzeiten zuzubereiten, die dein Baby oder Kleinkind sicher essen kann.
Ein Kind mit Lebensmittelallergien zu haben, kann beängstigend sein. Das Wichtigste ist, dass du als Elternteil vorbereitet bist: Erkenne die Anzeichen und Symptome einer allergischen Reaktion, ergreife Maßnahmen, um die Allergie deines Kindes in den Griff zu bekommen, und wisse, wann du Epinephrin verabreichen und den Notruf wählen musst.
Quellen
Quellen:
- Interview mit Sabine Schnadt, Ökotrophologin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB)
- https://www.daab.de
- Sonderheft „Praxisratgeber Allergie“ der Gesellschaft Pädiatrische Allergologie und Umweltmedzin E.V (GPA), September 2021
- Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ der Gesellschaft Pädiatrische Allergologie und Umweltmedzin E.V (GPA), September 2019
- Martin PE, Eckert JK, Koplin JJ et al. Which infants with eczema are at risk of food allergy? Results from a population-based cohort. Clin Exp Allergy 2015; 45(1): 255–64
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/63098/Neue-Studie-ueberrascht-Allergologen
- https://idw-online.de/de/news783509
- https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/allergien/allergie-kinder-244476
- https://www.netdoktor.de/krankheiten/allergie/bei-kindern/
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65945/Fruehe-Exposition-vermeidet-(nicht-nur)-Erdnuss-Allergien
2 Comments
Carport
21.02.2023 at 16:04Eine tolle Webseite, vor allem in den gemütlichen Winterzeiten ist es schön solche tolle Blogs zu entdecken und dazu zu lernen, vor allem wenn man zum ersten mal Mutter wird.
Lieben Gruß Mia
Silvia Berft
28.06.2023 at 17:53Liebe Annika,
vielen Dank für diesen sehr informativen Artikel. 👍 Gerne teile ich ihn für meine Leserschaft.
Kleine Ergänzung: Zu der von dir genannten Lebensmittelallergie gibt es noch die sogenannte FPIES, eine Sonderform der Allergie. Sie ist eine typische Erkrankung des Säuglings- und Kleinkindalters. Bei ihr werden keine spezifischen IgE-Antikörper gebildet, wie bei einer Allergie. Deswegen fallen bei FPIES die klassischen Allergietests negativ aus.
Ich freue mich darauf, weitere Artikel von dir zu lesen!
Liebe Grüße, Silvia